Unser Ernährungsleitfaden

Was macht eine gute Ernährung aus?

„Sei die Veränderung, die du in der Welt sehen willst.“ – Ghandi.

Ein Potential für Veränderung

Wie wir uns ernähren, hat einen großen Einfluss

Bei drei Mahlzeiten am Tag, für die wir uns jeweils eine halbe Stunde Zeit nehmen, verbringen wir durchschnittlich ganze drei Wochen im Jahr mit Essen. Es steht außer Frage, dass es einen Unterschied macht, wie wir diese Zeit nutzen. Wir können sie nutzen, um unserem Körper zu schaden oder ihn aufzubauen, die Umwelt zu zerstören oder zu erhalten, den Klimawandel zu beschleunigen oder auszubremsen, das Tierleid zu fördern oder zu reduzieren, die Welternährungssituation zu verschärfen oder zu lindern und soziale Ungerechtigkeit auszubauen oder zu verringern. Eine gute Ernährung ist ein Ausdruck des Respektes gegenüber der Gesundheit, den Landwirten und dem Planeten. Mit einer guten Ernährung übernehmen wir Verantwortung für unseren Körper, für die Erzeuger und für diese Erde.

Wenn wir uns nun auf die Suche begeben, wie eine gute Ernährung aussehen kann, wird es schnell sehr unübersichtlich und verwirrend. Eine Fülle an Ratgebern, Diätformen, Meinungen, Gewohnheiten und Trends aus allen möglichen Hintergründen, Kulturen und Ideologien bieten sich uns an. In diesem Dschungel an Möglichkeiten stellt sich die Frage: Was sind Grundprinzipien einer gesunden, nachhaltigen, zeitgemäßen, leckeren und bezahlbaren Ernährung? Hierauf wollen wir eine Antwort finden – wissenschaftlich fundiert und praxisorientiert.

Wie? Wann? Was?

Eine gesunde Ernährungsweise umfasst mehr

Wenn wir über eine gesunde Ernährung sprechen, denken wir meistens darüber nach, welche Nahrungsmittel gut sind und welche nicht gut sind. Eine gesunde Ernährungsweise umfasst mehr. Nicht nur das Was, sondern auch das Wie und das Wann entscheiden darüber, ob die Nahrung unseren Körper aufbaut oder ihm schadet. Eine gute Ernährung wird lecker, umweltgerecht und gesundheitsfördernd sein. Das ist machbar!

Erklärung

Wie?

  • Vermeide unter Stress zu essen!
    Der Parasympathikus steuert die Verdauung. Sind wir unter Stress, ist also der Sympathikus aktiviert und der Parasympathikus herunterreguliert, wird der Verdauungsprozess gestört und es kann zu verschiedenen Verdauungsproblemen, wie Reflux, Magen- oder Darmbeschwerden führen.

  • Decke den Tisch ansprechend!
    Wir verbringen einen nicht unerheblichen Teil unseres Lebens mit Essen. Wie gestalten wir diese Zeit? Für uns und unsere Familien sollten wir die gleiche Mühe einsetzen wie für Gäste. Wie wir essen prägt uns!

  • Achte auf gründliches Kauen!
    Hektik veranlasst uns dazu, schnell zu essen. Aber nur wenn die Nahrung gründlich zerkleinert und mit Speichel vermischt wird, kann sie verdaut und die Nährstoffe verwertet werden.

  • Trinke nichts während dem Essen!
    Flüssigkeitsaufnahme sollte vor der Mahlzeit erledigt werden und erst ungefähr eine halbe Stunde nach dem Essen wieder losgehen. Wenn man während dem Essen trinkt, wird der Nahrungsbrei verflüssigt und der Speichelfluss verdünnt. Das macht es für die Verdauung ungleich schwieriger, ihre Arbeit zu tun.

  • Schaffe eine Atmosphäre der Wertschätzung und der Gastfreundschaft!

Erklärung

Wann?

  • Nimm ein Frühstück zu Dir!
    Das Frühstück ist ein wichtiger Taktgeber für den Körper. Studien zeigen, dass „breakfast skippers“, also Menschen, die dazu neigen, das Frühstück ausfallen zu lassen, ein erhöhtes Risiko für Übergewicht haben. Bei Patienten mit Diabetes 2, profitiert der Blutzucker- und Insulinverlauf von einem Frühstück, im Gegensatz zu einer Ernährung mit gleicher Gesamtkalorienaufnahme, aber späterer Nahrungsaufnahme.

  • Iss zwei- oder dreimal am Tag!
    Intermittierendes Fasten ist momentan in aller Munde. Zwei oder drei Mahlzeiten sind ausreichend, um die benötigten Kalorien am Tag zu sich zu nehmen. Aber nur mit ausreichend Abstand zwischen den Essenszeiten, fällt der Insulinspiegel tief genug, damit die Fettverbrennung aktiviert wird.

  • Beende eine dritte Mahlzeit spätestens zwei Stunden vor dem Schlafengehen!
    Die Verdauung hat einen deutlichen Einfluss auf unsere Schlafqualität. Schwer Verdauliches, was aufgrund der Nachtruhe im Magen verbleibt, kann ggf. anfangen zu gären. Wir wachen nicht erholt auf. Morgens hat man keinen Appetit.

  • Halte einen Abstand von mindestens 5 Stunden zwischen zwei Mahlzeiten!
    Nur so fällt der Insulinspiegel ab und der Magen wird wirklich entleert.

  • Lass Snacks und Naschereien zwischen den Mahlzeiten links liegen!
    Nur dann bekommt der Magen die Chance, seine Arbeit zu Ende zu bringen. Kommt ständig frische Nahrung dazu, muss er immer wieder von vorne mit der Arbeit beginnen. Das kann dazu führen, dass Nahrung letztlich bis zu 48 Stunden im Magen verbringt.
  • Richte Dir regelmäßige Essenszeiten ein!
    Essen ist ein wichtiger Taktgeber für unsere innere Uhr. Licht, Essenszeiten und Schlafenszeiten sind externe Rhythmusgeber für unseren Körper. Stoffwechselvorgänge und Hormonverläufe über den Tag, werden von dieser Uhr gesteuert. Regelmäßigkeit hilft dem Körper bei den Steuerungsvorgängen. Das Verdauungssystem ist dann vorbereitet auf die Nahrungsaufnahme.

Erklärung

Was?

  • Ernähre Dich vollwertig!
    Primär bedeutet das, keine Weißmehlprodukte zu verwenden. Weißmehl sieht schön aus, aber ist sämtlicher Ballaststoffe und Mineralstoffe beraubt. Das gleiche gilt für weißen Zucker. Ballaststoffe sind essenziell für eine gesunde Darmflora und eine normale Verdauungstätigkeit. Eine gesunde Darmflora ist wichtig für unsere Verdauung, das Immunsystem, hat Einfluss auf entzündliche und allergische Prozesse und auf unsere Psyche. Mittlerweile gibt es auch viele vegane Produkte auf dem Markt, die man nicht mehr als „vollwertig“ ansehen kann. Sie bestehen aus unverdaulichem Füllmaterial als Geschmacksträger und einer Würzung. Besonders der Eiweißanteil ist nicht mehr vorhanden, aber insgesamt ist der Nährwert so gering, dass diese Produkte unseren Körper nicht mehr vollwertig nähren.

  • Ernähre Dich pflanzlich!
    Eine rein vegane Ernährung ist rein ethisch alternativlos. Es geht nicht nur um das Tierwohl, sondern auch um den Klimaschutz. Die moderne Viehhaltung ist der Hauptverursacher der Klimaerwärmung. Es geht auch um den Wasserverbrauch und Landverbrauch pro Mensch. Nur mit einer pflanzlichen Ernährung, könnte jeder Mensch auf dieser Welt genug zu essen haben. Wenn man möchte, kann man all das debattieren. Aber wir dürfen nicht den Einfluss auf unsere Gesundheit vergessen. Studien zeigen, dass Artheriosklerose durch eine Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung nicht nur gestoppt wird, sondern reversibel sein kann. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die Todesursache Nummer 1 in unserer westlichen Welt. Ein großer Teil dieser Erkrankungen wird durch eine pflanzliche Ernährung verhindert.

  • Vermeide Reizstoffe!
    Coffein und Teein, Nicotin und Alkohol sind psychoaktive Substanzen, Chilli und Pfeffer sind Substanzen, die die Schleimhäute reizen. Diese Stoffe sind nicht kompatibel mit einer gesundheitsfördernden Ernährung.

  • Achte auf Frische der Produkte!
    Während bestimmte Obst- und Gemüsesorten sehr lagerfähig sind, verlieren andere nach der Ernte rapide an Vitaminen. Grundsätzlich sind frisch geerntete Produkte geschmacklich und vom Nährwert her überlegen.

Anwendung

Wie?

Ein ansprechend gedeckter Tisch hat viele Effekte. Wir setzen uns ein für die Versorgung der Grundbedürfnisse unseres Körpers. Wir drücken damit Wertschätzung und Fürsorge aus. Essen wird nicht als selbstverständlich und unwichtig gewertet. Man sagt: „Das Auge isst mit.“ Es ist nur passend, ein qualitativ und geschmacklich hochwertiges Essen auch ansprechend zu präsentieren. Dadurch wird der Appetit gesteigert. Gäste können jederzeit auch spontan dazu kommen und fühlen sich jederzeit willkommen.

 

Manchmal ist man versucht, einfach weiterzuarbeiten und nebenbei etwas zu essen. Oder man lernt gerade für eine Klausur und denkt man spart sich Zeit, wenn man während dem Essen weiterlernt. Geschieht das entspannt, ist so ein Setting schon mal denkbar. Steht man allerdings ständig unter Strom und hat das Empfinden, mit seinen Aufgaben nicht fertig zu werden, ist es nicht sinnvoll zu essen. Es wird für den Körper sehr belastend sein, die Mahlzeit unter Stress zu verdauen. In der Akutsituation mag es besser sein, eine Mahlzeit ausfallen zu lassen. Ist dieser Stress ein Dauerzustand, muss man sich Gedanken machen, wie man sich Freiräume für eine entspannte Essenszeit schafft.

Anwendung

Wann?

Eine ausgewogene vollwertige Ernährung macht satt und zufrieden. Das ist eine wichtige Grundlage dieser Ernährungsweise. Die langen, flachen Blutzuckerkurven, die durch eine vollwertige Kost kommen, führen zu einem natürlichen Insulinverlauf und einem länger anhaltenden Sättigungsgefühl. Auf dieser Basis kann der Abstand von mindestens 5 Stunden zwischen den Mahlzeiten eingehalten werden.

Nicht jeder Mensch hat den gleichen Metabolismus. Deswegen müssen die Grundprinzipien der Ernährung auf den individuellen Fall angewandt werden. Aktive Menschen mit einem höheren Kalorienumsatz oder Menschen, die Gewicht zulegen möchten, profitieren unter Umständen von einem leichten, frühen Abendessen. Personen, die einer sitzenden Tätigkeit nachgehen, kommen in aller Regel mit zwei Mahlzeiten am Tag besser zurecht. Man ist weniger müde, hat mehr Energie und schläft besser.

Um für sich den passenden Rhythmus zu finden, braucht es Überlegung und den Mut einfach mal etwas auszuprobieren.

Stehst du zum Beispiel relativ früh auf, bist morgens schon aktiv, hast um 7 Uhr schon Hunger, dann kann für dich ein Rhythmus passen, wo du um 7 Uhr, 13 Uhr und 18 Uhr isst. Oder du findest heraus, dass dein Stoffwechsel eher langsam unterwegs ist, frühstückst um 7 Uhr und hast ein späteres Mittagessen um 14 oder 15 Uhr.

Falls du merkst, dass es einige Zeit braucht, bis du morgens Hunger hast, kannst du auch um 9 Uhr etwas essen, um 14 Uhr und ein leichtes Abendbrot gegen 19 Uhr zu dir nehmen. In diesem Fall ist es wahrscheinlich leichter auf zwei Mahlzeiten zu gehen und ein Mittagessen im Bereich zwischen 14 und 17 Uhr anzusetzen.

Oft ist das Abendessen eine besondere Zeit der sozialen Gemeinschaft in einer Familie. Auf den ersten Blick mag es einschränkend erscheinen, nur zwei Mahlzeiten am Tag zu haben und das Abendessen zu streichen und tatsächlich wäre es schade, wenn die soziale Zeit ersatzlos entfällt. Auch hier hilft ein kreativer, neugieriger Ansatz an das Thema.

Anwendung

Was?

Eine pflanzlich-vollwertige Ernährung ist keine Diät. Es ist eine sehr befriedigende Ernährungsweise. Wenn man neu in dem Thema ist, liegt am Anfang die Tendenz nahe, Fleisch und Milchprodukte entweder zu versuchen mit Ersatzprodukten zu ersetzen oder einfach wegzulassen. Wenn man es einfach weglässt, baut sich schnell ein Mangelempfinden auf. Sucht man nach Ersatzprodukten, ist es erstens schwierig, hochwertige Lebensmittel zu finden und zweitens sucht man ewig einen Ersatz. Eine vollwertig-pflanzliche Ernährung ist so vielseitig und nahrhaft, dass man keinen Ersatz für etwas braucht.

Aber natürlich ist es eine Umstellung. Hier hilft es, ein paar grundlegende Spielregeln kennen zu lernen, sich mit Menschen auszutauschen, die schon länger sich so ernähren und neue Rezepte auszuprobieren

Bei Menschen, die sich vegan ernähren, ist die Wahrscheinlichkeit einen Vitamin-B12-Mangel zu entwickeln, höher als bei Gemischtköstlern. Deswegen sollte man den Vitamin-B12-Spiegel im Blut regelmäßig überprüfen lassen. Bei Bedarf muss supplementiert werden. Es bieten sich Sublingualtabletten oder Tropfen an, da ein Großteil der Menge über die Mundschleimhaut resorbiert wird. Präparate mit Methyl-, Hydroxo- und Adenosylcobalamin sind Produkten mit Cyanocobalamin vorzuziehen, da es die Cobalaminderivate sind, die auch natürlich im Körper vorkommen.

 

Tipps & Tricks

  • Gutes Vollkornbrot zu finden ist eine Herausforderung! Eine Möglichkeit ist selbst zu backen. Dazu braucht man ein 100% vollwertiges Mehl. Mit einer Haushaltsmühle kann man das Mehl auch selbst mahlen. Das ist die günstigste Art an ein gutes Brot zu kommen. Ansonsten muss man sich auf die Suche nach einem guten Bäcker machen. Man achte darauf, dass es nicht Pseudovollwertig ist (z.B. Mehrkornbrötchen) bzw. einfach mit Melasse oder Zuckerrübensirup gefärbt ist.

  • Nüsse und Saaten sind wertvolle, nährstoffreiche Sattmacher! Pur oder geröstet zum Müsli, zum Salat, als Nachspeise etc. sind sie ein leckerer Begleiter. Cashewnüsse mit Wasser püriert oder als Mus mit Wasser vermischt ist eine gute Möglichkeit Soßen, Suppen, Tortencremes etc. abzubinden. Wenn die pürierten Cashewnüsse mit dem Wasser erhitzt werden, dicken sie an. Sie sind relativ geschmacksneutral, sodass sie sowohl pikant als auch süß eingesetzt werden können.

  • Hülsenfrüchte sind wertvolle Eiweißquellen! Bei getrockneten Bohnen ist es wichtig auf eine gründliche Zubereitung zu achten, damit sie bekömmlich sind.

  • Datteln sind eine wertvolle Süßungsmöglichkeit! Getrocknete und entsteinte Datteln können zum Süßen von Müslis, Puddings, Backwaren, Nachtischen etc. genutzt werden. Dattelsirup ist eine flüssige Option. Datteln haben ein ausgewogenes Glukose-Fruktose-Verhältnis und sind Mineralstoff- und Ballaststoffquelle.

Tipps & Tricks

  • Gutes Obst ist ein wichtiger Baustein! Wenn man schmackhaftes und reifes Obst findet, ist das ein Genuss. Je direkter vom Erzeuger, desto reifer kann das Obst geerntet werden. Ein grobes Verständnis für die saisonalen Gegebenheiten, hilft reifes schmackhaftes Obst zu finden.

  • Vorsicht mit Palm- und Kokosfett! Diese Fette, die reich an gesättigten Fettsäuren sind, werden oft in Fertigprodukten eingesetzt. Besonders Palmfett wird für die Umwelt unter teils heftigen Konsequenzen erzeugt. Während sie kein Cholesterin enthalten (welches nur in tierischen Produkten vorkommt), kurbeln beide die körpereigene Cholesterinsynthese an.

  • Avocados sind eine hochwertige Fettquelle! Avocados werden gerne mit als Brotaufstrich oder -belag verwendet. Der große Wasserverbrauch der Avocados führt zu extremen Bedingungen, gerade in Südamerikanischen Anbaugebieten. Beim Kauf ist es deshalb angeraten, auf Avocados aus nachhaltigem spanischem Anbau zurückzugreifen.