Forschen und Herausfinden

Die Natur ist ein Schatzhaus, in dem wir neu entdecken, was lange existiert.

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live2give betreibt Forschung und Entwicklung im Bereich regenerativer Anbausysteme im Gemüsebau. Neben eigenen Versuchen am Standort in Dickendorf, bestehen Kooperationen mit der Universität Gießen und dem DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück. 

Aktuelle Projekte

Eigene Fragestellungen

Mulch-Direktsaat von Möhren und Rote Bete

Seit 2019 wird am Bio-Gemüsehof Dickendorf „minimalinvasiver“ Möhrenanbau praktiziert. Hierzu wird nach dem Mähen und Abfahren eines blühenden Wickroggenbestands der Boden lediglich flach geschält, um die Winterzwischenfrucht flächig zu unterschneiden. Anschließend erfolgt die Aussaat der Möhren direkt auf den etwa 3 cm tief liegenden Bearbeitungshorizont und damit auf die wasserführende Schicht. Eine Inkarnatklee-Untersaat, ausgesät kurz vor dem Schließen des Möhrenbestandes, bietet zusätzliche Durchwurzelung und stabilisiert den Boden bei der Ernte.

Das Verfahren soll nach den positiven Erfahrungen der letzten Jahre nun einen Schritt weitergebracht werden hin zur Mulch-Direktsaat. Ziel ist, durch eine permanente Bedeckung Wasser einzusparen, das Bodenleben zu schützen, das Erosionsrisiko zu reduzieren und den Aufwand für Unkrautregulierung weiter zu senken.

Bei einem Tastversuch im Sommer 2021 mit Möhren und Roter Bete wurde die Direktsaat in einen lebenden Wickroggenbestand sowie in einen gewalzten und einen geschlegelten Wickroggenbestand getestet. Der lebende Zwischenfruchtbestand wurde jeweils eine Woche nach der Gemüseaussaat gewalzt / geschlegelt, wobei hier – wie erwartet – ein Großteil der aufgelaufenen Möhren und Rote Bete von der Mulchauflage erstickt wurde. Vielversprechend hingegen war die Variante der Direktsaat in den bereits geschlegelten Wickroggen.

Bei der Roten Bete konnten ohne Düngung folgende Erträge erzielt werden:

Direktsaat in geschlegelte ZF: 4,2 kg/m² (marktfähig: 3,9 kg/m²)
Direktsaat in gewalzte ZF: 2,5 kg/m² (marktfähig: 2,2 kg/m²)
Kontrolle: 2,7 kg/m² (marktfähig: 2,5 kg/m²)
Im Tastversuch erfolgte die Aussaat mit einer Terradonis-Handsämaschine JP1, die nicht für entsprechende Mulchauflagen konzipiert ist, was zu zahlreichen Verstopfungen und einem lückigen Feldaufgang führte.

Augenblicklich arbeiten wir an angepasster Einzelkorn-Direktsaattechnik, um das Verfahren im Sommer 2022 auf größerer Fläche für unsere Direktvermarktung zu testen.

Zusammen mit der Firma Feldklasse haben wir in diesem Tastversuch auch den Einsatz spezieller Hacktechnik in Mulch getestet. Mit der „Rukaby“ konnte der vierreihige Möhren- und Rote Bete-Bestand mit sehr gutem Ergebnis gehackt werden. Feldklasse wird an dem Gerät noch einige kleinere Anpassungen vornehmen (z.B. Abdeckhaube mit größerem Durchgang für Mulchmaterial) und wird demnächst ein Mulch-Hackgerät anbieten können.

Ausblick: Versuch zur Gesundheit von Kopfsalaten in Mulch-Direktpflanzung

Beim Anbau von Kopfsalaten kämpfen wir seit etlichen Jahren mit einem hohen Druck durch Rhizoctonia und Sclerotinia-Befall. Beim Einsatz von Mulch konnten teilweise gesündere Bestände erzielt werden, zeitweise kam es aber auch hier zu massiven Ausfällen durch Fäulnis an den Unterseiten.

In der Saison 2022 sollen verschiedene Einflussfaktoren beim Salatanbau im Rahmen eines randomisierten Versuchs mit vier Wiederholungen untersucht werden:

  • C/N-Verhältnis des Mulchmaterials
    • Junger Grünlandschnitt (enges C/N-Verhältnis)
    • Wickroggen (weites C/N-Verhältnis)
  • Beschaffenheit des Materials
    • Frischmaterial
    • Silage
  • Stärke der Mulchschicht
    • Dünne Auflage mit 8 t TM/ha
    • Dicke Auflage mit 15 t TM/ha

Kooperationen

Ökoleitbetriebe Rheinland-Pfalz

Seit 2014 laufen als Teil des Projekts „Ökoleitbetriebe Rheinland-Pfalz“, in Zusammenarbeit mit dem DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück Versuche zu Mulchsystemen im Bio-Gemüsebau.

Das in Dickendorf praktizierte Anbausystem der Mulch-Direktpflanzung vereint zahlreiche Aspekte einer bodenaufbauenden Gemüseproduktion. Neben anderen Funktionen dient die Mulchauflage als Nährstoffquelle für die Gemüsekultur. Allerdings ist jeweils nur ein Teil des organisch gebundenen Stickstoffs während der ersten Vegetationsperiode für die Kulturpflanze anrechenbar. In Abhängigkeit vom C/N-Verhältnis des Mulchmaterials und der jeweiligen Kulturdauer gibt es hier Richtwerte als Kalkulationsgrundlage.

Um dies zu präzisieren und weitere belastbare Daten zu erhalten, wurde im Sommer 2021 untersucht, wie viel Stickstoff aus unterschiedlichen Mulchmaterialien im Laufe einer Kulturperiode für eine Gemüsekultur anrechenbar ist. Verglichen wurden Wickroggen mit Grünlandschnitt, frischem Kleegras und Kleegrassilage.

Die Versuchsergebnisse werden momentan aufbereitet und demnächst hier veröffentlicht.

Der Versuch wird mit identischem Aufbau im Sommer 2022 und 2023 wiederholt.

EIP-Agri-Projekt „Mulchgemüse Hessen – Wirtschaftlicher Gemüseanbau in naturnahem Mulchsystem

Pflanzung einer Versuchsanlage mit dem MulchTec-Planter

Mulchsysteme könnten einen Beitrag zur nachhaltigen Lebensmittelversorgung, durch den Verzicht von Pflanzenschutzmitteln oder die Förderung der Humusbildung, leisten. Die Operationelle Gruppe kombiniert das Transfer- und ln-situ- zum Kombi-Mulch-Verfahren. Den Arbeitsaufwand bei der Mulchpflanzung soll eine innovative Pflanzmaschine, der MulchTec Planter, ausgleichen. Ziel ist qualitativ hochwertiges, regionales Gemüse mit ökologischem Mehrwert zu ähnlichen Preisen wie gängiges Gemüse zu produzieren. Auch Betriebe in „Nicht-Gemüseregionen“ sollen so nachhaltiges Gemüse produzieren können.

Der Bio-Gemüsehof Dickendorf berät die Betriebe der operationellen Gruppe „Mulchgemüse“, bestehend aus fünf ökologisch wirtschaftenden Betrieben in Mittelhessen und führt dort Lohnpflanzungen mit dem MulchTec-Planter durch.

Ein Exaktversuch an der Lehr- und Versuchsstation „Weilburger Grenze“ der Uni Gießen ist eine wichtige Ergänzung zu den Praxisversuchen auf den erwähnten Betrieben. In den Jahren 2020 bis 2023 soll der Versuchsaufbau mit drei Varianten (Kombimulchverfahren mit und ohne Bodenbearbeitung sowie Kontrolle ohne Mulch) zeigen, wie sich der Humusgehalt in den einzelnen Varianten entwickelt und wie sich die Nährstoffkonzentrationen im Boden nach Ablauf der ersten Fruchtfolge auf den Geber- und Nehmerflächen verändern. Hierbei liegt ein besonderes Augenmerk auf der Entwicklung der Gemüsekulturen und den Erntemengen der im Versuch angebauten Kulturen in verschiedenen Versuchsvarianten.